Meine "Slow Photography"...
Dieses Essay beschreibt meine Art der Fotografie, die eng mit meiner Philosophie des "Slow Travellings" verknüpft ist. Diese Herangehensweise prägt sowohl meine Reisen als auch meine fotografischen Arbeiten.
Meine ersten Berührungspunkte mit "Slow Travelling"
Mit dem Begriff “Slow-Travelling” bin ich durch das wunderbare Buch von Dan Kieran mit dem Titel “Slow Travel” in Berührung gekommen. Darin beschreibt er unter anderem, wie er mit Freunden in einem alten Milchwagen durch England reist, der nur eine Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h schafft. Zudem ist das Vehikel elektrisch und die Batterien können nur mit einem Starkstromkabel aufgeladen werden. So heißt es, sich jeden Abend auf die Suche zu machen und damit die Gastfreundschaft der Engländer auszuloten, wo das Fahrzeug aus den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts angeschlossen und aufgeladen werden kann.
Der Mehrwert des "langsamen Reisens"
Der Wert des "langsamen Reisens" liegt für mich darin, nicht nur Sehenswürdigkeiten zu besuchen, sondern tief in eine Gegend oder in einen Ort einzutauchen und sie in meinem eigenen Rhythmus zu erkunden. Michael Schottenberg hat in einem Artikel (07.12.2024) für die Onlineausgabe der österreichischen Zeitung „Der Standard“ einmal das „langsame Reisen“ so schön beschrieben. „Erst das langsame Reisen hat mich zum Reisenden gemacht. Erfahrung bringt Genauigkeit, Genauigkeit Erkenntnis, Erkenntnis Wissen und Wissen Erfahrung. Seither betrachte ich die Welt anders. Wie oft überlasse ich mich dem Zufall…“.
"Slow Travelling" ist eine Inspirationsquelle. Es geht darum, bewusst in Unbekanntes einzutauchen, das nicht weit entfernt sein muss, und möglichst lange an Orten zu
verweilen, die einem gefallen. Manchmal sind die besuchten Orte ungeplante Entdeckungen und manchmal bleibt man auch ungeplant länger. Dabei soll Zeit für Besinnung und Reflexion gefunden werden. Einfach mal nichts tun und den Moment genießen.
"Slow Travelling" passt besonders gut in unsere Zeit, in der Klimabewusstsein und Nachhaltigkeit immer wichtiger werden (müssen). Reisen mit geringem CO2-Verbrauch ermöglicht es, die Umwelt zu schonen und gleichzeitig ein tieferes Verständnis für die bereisten Orte zu entwickeln.
Als "Umgebungsreisender" flanieren
Wenn ich als "Slow Traveller" mit der Kamera in meiner näheren Umgebung flaniere, ist es ein augenscheinlich zielloses Umherbummeln. Das verbindet mich mit einem Flaneur, der im 19. Jahrhundert in äußerst gemächlichem Tempo durch die Passagen und Straßen von Paris unterwegs war. Natürlich bietet sich das grundsätzlich in einer Stadt an, aber warum nicht auch einmal diese Ziellosigkeit auf eine ländliche Umgebung, auf einen Randbezirk oder vielleicht nur auf einen Park übertragen?
Nicht weit weg von zu Hause bin ich schon manchmal in eine Gegend eingetaucht, die ich ob des täglichen und raschen Hindurchfahrens vernachlässigt habe. Wenn man der Pandemie, die uns vor wenigen Jahren sehr belastet hat, etwas Positives abgewinnen möchte, dann ist es die Tatsache, dass uns mangels Alternativen die Möglichkeit eines Reisens vor der Haustüre aufgezeigt worden ist. Gar nicht weit weg lässt sich manchmal eine Welt entdecken, die man nicht immer vermutet. Oft sind es Details in der näheren Umgebung, die bei einem Spaziergang mit offenen Augen für Neues zum Vorschein kommen. Wenn man das Gefundene auch bildlich festhalten möchte, sollte natürlich eine Kamera nicht fehlen. Wenn man gerade keine Kamera mit hat, tut es natürlich auch ein Smartphone, bekanntlich ist die beste Kamera immer die, die man dabei hat. Bei mir ist es eindeutig ein Fotoapparat und nicht das Smartphone, obwohl das mittlerweile auch gute Bilder macht. Aber ich brauche den Blick durch einen Sucher, die Möglichkeit einer bewussten Bildgestaltung, die ich auf einem Display nur sehr ungern mache. Aber dazu später mehr.
Ein wesentlicher Punkt, der für mich als "Umgebungsreisender" dazukommt, ist “Entschleunigung”. Das bietet die Möglichkeit, sich vom Augenblick leiten zu lassen, den Moment bewußt zu spüren und aufzunehmen. Als Fotograf so zu reisen, bedeutet auch die Technik in den Hintergrund zu stellen. Weniger Gepäck kann oft mehr sein, da es die Kreativität fördert und weniger belastet. Ich schleppe nicht mehr jede Menge an Fotoausrüstung im Rucksack mit, damit ich für alle Eventualitäten gerüstet wäre. Zwei bis drei Festbrennweiten tun es auch und erleichtern (im wahrsten Sinn des Wortes) das fotografische Tun ungemein.
Konzentration auf den Augenblick
"Durch den Sucher der Kamera... konzentrieren wir uns auf das, was vor unserer Kamera ist. Wir sind dazu aufgefordert stehen zu bleiben, ruhig zu werden und uns ganz auf das einzulassen, was wir sehen. Dadurch, dass unsere Aufmerksamkeit ganz auf den Augenblick gerichtet ist, steht die Welt einen Moment lang still" (Nadine Wilmanns).
Diesen Aussagen, die die Fotografin Nadine Wilmanns in einem Artikel "Halte die Zeit" auf ihrer Website einmal geschrieben hat, schließe ich mich in vollem Umfang an. Auch ich versuche immer wieder, mich nur auf das zu fokussieren, was ich vor mir sehe und mich auf den Augenblick zu konzentrieren. Sich ganz auf das einzulassen, was gerade vor einem ist und dann in Folge im Sucher aufscheint, hilft Motive zu finden, an denen man sonst vielleicht vorbeigegangen wäre. Beim Fotografieren ist die Welt für mich schon oft für einen Moment lang still gestanden, weil ich etwas gefunden habe, mit dem ich nicht gerechnet habe. Zahlreiche Fotos sind so bei Spaziergängen entstanden, wo Motive plötzlich und ungeplant gekommen sind. Ich war zur richtigen Zeit aufmerksam am richtigen Ort und konnte mich auf das einlassen, was ich sah. Die Achtsamkeitsregel, im "Hier und Jetzt" zu sein, hilft dabei sehr.
Bei der Motivsuche sich überraschen lassen
Als begeisterter Fotograf bietet die Art des Reisens als Slow Traveller viele Vorteile bei der Motivsuche. Sich vom Augenblick leiten zu lassen, offen für Neues zu sein und nicht zwanghaft vorgefasste Ideen umzusetzen, führt oft zu überraschenden und erfüllenden Ergebnissen. Das ist immer eine gute und motivierende Grundlage für alle weiteren “langsamen Entdeckungsreisen”.
Manchmal komme ich mit ganz vielen Bildern nach Hause, manchmal sind es nur wenige und manchmal bleibt nach Durchsicht der Speicherkarte auch kein einziges Foto übrig, das es mir wert wäre, aufbehalten zu werden. Aber mit jedem Spaziergang, mit jeder kleinen Reise nach dem Motto als "Slow-Traveller" unterwegs zu sein, ist der Kopf wieder frei, das Gehirn “durchgelüftet” und ich habe eine gelungene Zeit im Freien verbracht.
"Versommern", "Hygge", "Niksen" und "Lagom"
Die österreichische Autorin Valerie Fritsch hat in einem Essay für die steirische Kleine Zeitung einmal mit dem wunderbaren Begriff “Versommern" eine ganzjährige Sehnsucht nach dem Sommer, das einfache Glück der Fülle und Überfülle, des Schönen in dieser Jahreszeit, beschrieben. Die Nordeuropäer, die mit ihren Lebenstilkonzepten Begriffe wie “Hygge” oder “Lagom” auch in unsere Breiten brachten, kennen auch den Begriff “Niksen”, in dessem Zentrum das “Nichtstun” steht. In einer Wiese nach einer Wanderung zu sitzen und einfach in die Natur zu schauen und nicht irgendwelchen Gedankenstörungen nachzuhängen, das hat schon etwas.
Bereiche der Slow-Bewegung
Die "Wiederentdeckung der Langsamkeit“ ist in den letzten Jahren zu einem Trend bzw. zu einer Lebenseinstellung in vielen Lebensbereichen geworden. Neben "Slow Travelling" denke ich da auch an „Slow Food“, einem „bewussten bzw. genussvollen Essen“, bei dem regionale Herkunft und gute Qualität einen hohen Stellenwert hat. „Slow Food“, das vielleicht bekannteste Thema der Slow-Bewegung entstand als Konzept 1986, als an der berühmten Spanischen Treppe in Rom ein Fastfoodrestaurant eröffnet werden sollte. Aus Sorge, dass die regionale Esskultur verschwinden könnte, kam es dort zu einem öffentlichen Spaghetti-Essen und landesweit zu Demonstrationen zur Wahrung des Rechts auf Genuss. Drei Jahre später folgte die offizielle Gründung der internationalen Bewegung Slow Food.
1999 wurde die Citta Slow-Bewegung gegründet, die auf das Slow Food-Konzept zurückgeht. Diese internationale Vereinigung von Städten setzt sich unter anderem für Aufmerksamkeit, Ruhe, Bewusstsein, nachhaltigen Fortschritt und Verantwortung ein. Es geht darum, die Lebensqualität zu verbessern, die Vereinheitlichung von Städten ähnlicher Größe zu verhindern und die lokalen, regionalen und kulturellen Besonderheiten hervorzuheben. Diese Ziele passen meines Erachtens gut in die heutige Zeit, in der die Nachhaltigkeit eine bedeutende Rolle einnimmt und in der viele Überlegungen angestellt werden, die Potenziale kleinerer regionaler Zentren wieder mehr zu heben.
Immer stärker im Kommen ist auch der Begriff „Slow Fashion“, der für eine Verlangsamung des Konsums steht und damit die Nachhaltigkeit in den Fokus rückt. Das Kaufverhalten soll bewusster gesteuert werden, Kleidung soll einfach länger getragen werden. Es wird damit das Ziel verfolgt, dass die Modeindustrie bei der Herstellung bessere Bedingungen für Mensch und Natur schafft.
Was verstehe ich unter "Slow Photography"
Meine fotografische Reise fasst sich unter dem Begriff "Slow Photography" zusammen. Dieser Ausdruck wird oft mit analoger Fotografie oder Langzeitbelichtungen assoziiert, doch es ist keine Stilrichtung, sondern eine Philosophie. Es geht darum, Fotografie bewusst und bedacht auszuführen, mit gezielter Bildgestaltung anstatt einer Flut schneller Aufnahmen.
Es ist eine Philosophie, die Fotografie sehr "absichtlich" zu betreiben, eine Herangehensweise an eine bewusste Gestaltung und nicht unzählige Aufnahmen in schneller Reihenfolge zu machen. Die wesentlichsten Elemente, die für mich zu dieser Art des Fotografierens dazugehören, sind:
• „Bewusstes“ Fotografieren
• Bilder „machen“ und nicht „schießen“
• Auslösen als Erlebnis
• Überlegte Bildgestaltung
• Offen sein
• Loslassen
• Neugierig sein
"Slow Photography" bei der Menschenfotografie
Die oben genannten Punkte gelten sowohl für meine Peoplefotografie als auch für meine Landschafts- und Reisefotografie. Bei der Peoplefotografie versuche ich, wenn immer möglich, vor Ort zu fotografieren. Den Menschen, den ich fotografieren darf, möchte ich im Kontext seines beruflichen oder privaten Umfeldes zeigen. Die "bewusste" Fotografie sehe ich ausgewogen in einem Dreieck von Emotion - Authentizität - Atmosphäre. Auch hier verzichte ich nach Möglichkeit auf schweres Equipment, da ich gerne im Reportagestil fotografiere und eine Kamera mit großen Objektiven immer Flexibilität bzw. Spontanität nimmt. Es ist für mich immer wieder spannend und auch persönlich sehr bereichernd, wenn ich Menschen bei ihrer Arbeit fotografisch begleiten darf. Mein "langsames" Fotografieren hat für mich persönlich den Vorteil, dass ich unauffällig agieren kann und für die Fotografierten den Mehrwert, dass sie bald gar nicht mehr merken, dass jemand mit einer Kamera da ist. Mein Ziel ist es, dass sich dies in den Aufnahmen widerspiegelt, die den jeweiligen Charakter der Personen authentisch zeigen und die Atmosphäre, die vor Ort herrschte, als Erinnerung sichtbar wird.
"Slow Photography" bei der Reisefotografie
Für mich ist es auch immer wichtig ein „Gespür“ für einen Ort zu bekommen, an dem ich mich zum Fotografieren aufhalte. Die Atmosphäre, die dort herrscht, aufzusaugen. Die Herausforderung besteht dann alle Eindrücke, die man aufnimmt, dazu gehören die Gerüche, die Töne, die man hört, vielleicht auch Lärm, auszuklammern, weil sie man in einem Bild nicht mitnehmen kann. Das ist so wie bei der guten Flasche Wein, die man im Urlaub oftmals genußvoll trinkt und zu Hause schmeckt dieser Wein manchmal ganz anders. Es fehlt das ganze „Drumherum“, das man im Urlaub wahrgenommen hat, das man für daheim leider
nicht konservieren kann. Genau so sollte man auch an Motive herangehen. Wie oft ist es mir schon passiert, dass ich von Eindrücken vor Ort „geflasht“ war, diese mit der Kamera festgehalten habe und zu Hause vom Ergebnis enttäuscht wurde. In keinster Weise hat mir das Foto die Stimmung wiedergegeben, die ich bei der Aufnahme verspürte. In diesem Wissen, dass ich nur zweidimensional Eindrücke mitnehmen kann, bedeutet „Slow Photography“ für mich, den fotografischen Prozess so aufmerksam und bewusst wie möglich vorzunehmen, dass das Auslösen ein Erlebnis wird und ich auch mit dem Ergebnis lange Freude habe.
Die Kunst des Weglassens
"Nie ist zu wenig, was genügt", ist ein bekanntes Zitat von Seneca. Was ist wirklich wichtig? Worauf können wir verzichten?" Die Kunst des Weglassens, "minimal art" in der Fotografie hat mich in den letzten Jahren sehr angesprochen. Das Motiv in den Mittelpunkt zu stellen, störende bzw. vom Motiv ablenkende Elemente nicht mit einem Bildbearbeitungsprogramm oder mit Hilfe künstlicher Intelligenz wegretuschieren zu müssen, sondern gleich bei der Aufnahme darauf zu achten, es gar nicht auf das Bild zu bannen, ist eines meiner fotografischen Ziele. "Langsames Fotografieren" kann enorm viel Zeit in der Nachbearbeitung sparen.
Ordnung im Bild
Stephen Shore schreibt in seinem sehr lesenswerten Buch "Das Wesen der Fotografie", dass "die Fotografie in ihrem Wesen nach eine analytische Disziplin" ist. Er vergleicht die Arbeit des Fotografen mit der eines Malers. Ein Maler beginnt mit einem leeren Blatt Papier oder einer weißen Leinwand und beginnt das Bild zu skizzieren, zu zeichnen, zu malen. Was aber macht ein Fotograf?
Als Fotograf findet man selten weiße Flecken, die einem die Grundlage für ein zu fotografierendes Bild geben. Als Fotograf findet man Szenen vor, sei es auf der Straße oder in der Landschaft, die vorgegeben sind, wo man dann versucht nach den Regeln der Komposition den richtigen Bildausschnitt zu finden. Es gibt viele Bücher, die sich mit Bildkomposition beschäftigen und wahrscheinlich hat jeder, der ambitioniert fotografiert, sich schon mehr oder weniger intensiv mit diesem Thema beschäftigt.
"Der Fotograf schafft eine Ordnung durch die Wahl eines Blickwinkels, eines Ausschnittes und eines Aufnahmezeitpunktes, und er bestimmt eine Schärfeebene" schreibt Stephen Shore. Diese Sätze von Stephen Shore kommen mir immer wieder in den Sinn, wenn ich meine fotografische Arbeit auf "einfache" Motive ausrichte. Etwas "einfach" zu machen, bedeutet in letzter Konsequenz, so viel wegzulassen, bis man nichts mehr streichen kann, ohne dass die Aussage darunter leidet. Also bis zu dem Punkt kommen, was ich zum Ausdruck bringen möchte. Einen Schritt weiter zu gehen, würde bedeuten, dass das, was ich ausdrücken möchte, nicht mehr erkennbar wäre.
Mit dem Medium der Fotografie "Ordnung im Bild" zu schaffen, ist nicht ganz einfach. Musiker, Maler, schaffen etwas, das bei "Null" beginnt. In der Fotografie finden wir etwas vor und versuchen aus verschiedenen Blickwinkel unser Bild zu komponieren. Wir üben uns oft in der Kunst des Weglassens. Wir bemühen uns eine Struktur zu schaffen. Das Herausfordernde und für mich dadurch Spannende finde ich bei meiner Art der Landschaftsfotografie, immer wieder die Versuche diese Ordnung zu schaffen, weil ich einen minimalistischen Ansatz bei der Bildgestaltung anstrebe. Vielerorts ist die Landschaft unstrukturiert. Im Vergleich zur Fotografie von Menschen oder auch Stillleben, wo man ja "umarrangieren" kann, lässt sich vieles in der Natur nicht so leicht ändern. Wie oft treffe ich auf störende Elemente, die mir die Ordnung und somit die Komposition meines Bildes erschweren. Da ich nicht derjenige bin oder sein möchte, der seine Fotos stundenlang nachbearbeitet, habe ich mir zum Ziel gesetzt, das Bild so weit wie möglich bereits im Sucher "fertig zu machen". Hier sehe ich auch eine Gemeinsamkeit mit einem Maler. Wenn ich durch den Sucher meiner Kamera schaue, versuche ich ich manchmal ganz bewusst den Sucher wie die Leinwand eines Malers zu sehen und gleich auf Details zu achten, die ablenken, die stören. Das eigentliche Motiv mit dem Blick zu fixieren und durch den Wechsel des Aufnahmestandortes das Bild zu ordnen, zu strukturieren. Wie oft habe ich mich schon nachträglich geärgert, weil ich vor dem Auslösen zu nachlässig war, mir zu wenig Zeit gelassen habe und ich diese Struktur zu ungenau vorgenommen habe.
Zusammenfassend bin ich der Meinung, dass, wenn in der Landschaftsfotografie Ordnung in die Bildkomposition gebracht werden soll, dies am besten durch einen Wechsel der Perspektive oder des Bildausschnitts geschieht. Umso wichtiger ist es, sich Zeit zu nehmen und die Umgebung des Motives zu erkunden, um den richtigen Aufnahmestandpunkt zu finden. Zum Beispiel kann sich eine Lichtsituation schon wenige Meter weiter verändert haben und ein Foto spannender machen. Bodennahe Aufnahmen des gleichen Motivs lassen es ganz anders aussehen, als aus Augen- oder Hüfthöhe und auch nur wenige Schritte links oder rechts lassen vielleicht störende Elemente verschwinden.
Bilder "machen", nicht "schießen"
So wie "Slow Travelling" bewusstes und langsames Reisen beschreibt, ist meine "Slow Photography" sehr bewusstes Fotografieren. Mein persönlicher Zugang ist Bilder zu "machen" und nicht zu "schießen". Meine Leitsätze für meine fotografische Arbeit sind:
"Konzentration auf das Motiv".
"Das Mehr im Weniger im Fokus".
"Einfachheit als Weg zum Wesentlichen".
Betrachtet man die Synonyme zu "einfach", kommen einem vielleicht "anspruchslos", "gewöhnlich", "bedürfnislos", "langweilig"..., aber auch "schlicht", "bodenständig", "ursprünglich" und viele mehr in den Sinn. Für mich bedeutet ein "einfaches" Foto, dass es "gemacht" worden ist. Es ist dem ein kreativer Prozess vorausgegangen, Zeit investiert und Überflüssiges weggelassen worden. Das Motiv steht für sich alleine und sticht so vielleicht aus der Masse der Bilder heraus.
Motive zu entdecken und nicht gleich abzudrücken, sondern sich darauf mit allen Sinnen einzulassen, das ist für mich unter anderem "Slow Photography". Henri Cartier-Bresson hat einmal gesagt, dass ein gutes Foto ein Foto ist, auf das man länger als eine Sekunde schaut. Und das war noch zu einer Zeit, wo es noch nicht diese Bilderflut gegeben hat, die heute über die verschiedenen soziale Kanäle auf uns einprasselt, wo ein einzelnes Bild hart kämpfen muss, um von uns wahrgenommen zu werden. Wenn die Augen der Betrachter meiner Bilder also etwas länger auf meinen Bildern verweilen, wenn die Bilder ihnen etwas erzählen, wenn sich für sie etwas widerspiegelt, was ich zum Ausdruck bringen wollte, dann habe ich mein Ziel erreicht, das ich mir mit meiner Art zu fotografieren, gesetzt habe.
Anmerkung: Dieser Artikel wurde im Juli 2024 überarbeitet. Teile dieses Textes stammen aus mehreren bereits veröffentlichten Blogbeiträgen von meinem Blog: www.bildausschnitte.at